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Thalys – eine Airline auf Schienen
Von Michael Bienick und Axel Friese
Die Fernzuggesellschaft Thalys isoliert sich immer mehr, Tarife werden komplizierter und inkompatibler, Kooperationen mit AVV und VRS werden aufgekündigt. Deutsche Bahn steigt beim Thalys aus.
Die französisch-belgisch-niederländisch-deutsche Fernverkehrsgesellschaft Thalys isoliert sich in jüngsten Entwicklungen immer mehr von einstigen Partnern und weiterführenden Verbindungen in Nachbarländern. So wurden im Frühjahr diesen Jahres die Tarifkooperationen („ThalysConnect“) mit den Tarifverbünden AVV und VRS aufgekündigt. Diese sahen beispielsweise im Falle des AVVs vor, dass ein Thalys-Fahrschein gleichzeitig als Fahrkarte zu allen Zielen des AVVs zur freien An- und Abreise gültig war. Dieses attraktive Angebot wurde genauso gestrichen, wie die Kooperation zwischen Thalys, dem Verkehrsverbund Rhein-Sieg und der Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB), die es Thalys-Reisenden von und nach Köln erlaubte, den Kölner Nahverkehr kostenfrei zu nutzen. Während Thalys in einer Pressemitteilung von 2009 noch betont, „Vom neuen Angebot profitieren vor allem die internationalen Besucher der Stadt, denen die An- und Abreise deutlich erleichtert wird“, sind diese Ziele heute nur noch Schall und Rauch.
Ausstieg der DB aus Thalys und Folgen
Doch auf die Fahrgäste kommen noch weitere unerfreuliche Entwicklungen zu: Zusätzlich zu den bereits erwähnten aufgekündigten Tarifkooperationen sind ab dem 28. März Fahrten im Thalys mit Fernverkehrs-Einzelfahrscheinen der DB nicht mehr möglich. Ab diesem Datum haben nur noch Angebote, wie Fernverkehrs-Monatskarten oder die Bahncard 100 im Thalys hier Gültigkeit. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Bettina Herlitzius wird zu diesem Thema mit den kritischen Worten „Das Angebot des Hochgeschwindigkeitsverkehrs in der Region wird damit deutlich unattraktiver und komplizierter“ von der Aachener Zeitung zitiert. Hintergrund dieser zweiten tariflichen Verschlechterung ist der Ausstieg der Deutschen Bahn AG aus dem Unternehmen Thalys.
Verschlechterungen – einige Beispiele
Tatsächlich ergeben sich durch die beiden Entwicklungen – Aufkündigung der regionalen Tarifkooperationen und Ausstieg der DB – für den Fahrgast unattraktivere und kompliziertere Tarife, wie einige Beispiele zeigen:
Für eine Reise beispielsweise von Erkelenz (im AVV-Gebiet) nach Brüssel in der Reisekette RE und Thalys (Gelegenheitsfahrer) genügte im Dezember 2011 noch ein einziger Fahrschein (Globalpreis Thalys) für die Nutzung von RE und Thalys. Jetzt braucht der Kunde zwei Tickets und es ist teurer geworden.
Für eine Reise von Aachen nach Berlin mit Thalys und ICE z.B. mit BahnCard 50 (treuer Stammkunde, Hin- und Rückfahrt) benötigte man im Herbst 2011 noch einen einzigen Fahrschein und das Ticket war für den Rückweg sogar einen Monat gültig. Im Frühjahr 2012 braucht der Kunde ganze drei Tickets und benötigt für den Thalys sogar eine Reservierung.
Fazit: auch hier eine deutliche Verschlechterung!
Wenn man die internationale Tarifentwicklung über die letzten 20 Jahre nachvollzieht, so erkennt man eine deutliche Verschlechterung: Während es früher kein Problem war, kreuz und quer durch Europa einen Fahrschein zu lösen, ist man als Fahrgast heutzutage aufgrund mangelnder Kooperationen der Bahnen untereinander „gezwungen“ seine Fahrt zu stückeln und mehrere Fahrkarten zu besorgen. Diese Hürden und Hindernisse, die von den Bahngesellschaften künstlich aufgebaut wurden, treiben potentielle Fahrgäste hin zum Billigflieger, Fernreisebus oder auf die Autobahnen.
Problematisch an der ganzen Entwicklung ist, dass Fernverkehrsanbieter, wie Thalys den Bahnmarkt sehen, wie Fluggesellschaften den Luftverkehrsmarkt: Wie eine Airline auf Schienen ist für Thalys in Köln, spätestens aber in Düsseldorf oder Essen (diese werden mit einem Thalys-Zugpaar angebunden) Schluss. Dabei verkennt man Potentiale der Attraktivität einer durchgehenden Tarifierung und eines vernetzten Denkens.